Gelegentliches Lidzucken gehört zu den häufigsten Beschwerden, die Patienten beim Augencheck erwähnen. Viele sind bereits beim ersten Zucken des Ober- oder Unterlids beunruhigt, da das Gefühl sehr störend sein kann. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um eine Myokymie einen unangenehmen, aber vorübergehenden Zustand, der spontan abklingt und selten auf eine ernstere Erkrankung hinweist.
Lidzucken tritt meist einseitig auf und dauert von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten, bei manchen wiederholt es sich über mehrere Tage. Obwohl es nicht schmerzhaft ist, kann es die Konzentration beeinträchtigen und als sehr störend empfunden werden, weshalb Patienten oft ärztlichen Rat suchen. Im Gespräch interessiert mich zuerst, ob kurz vor dem Auftreten der Beschwerden etwas Besonderes passiert ist etwa Entzündungen oder Verletzungen am Auge, kürzliche Eingriffe oder Symptome des trockenen Auges. Probleme an der Augenoberfläche können nämlich Lidzucken auslösen oder verstärken. Wichtig sind auch Angaben zu Medikamenten, möglichen Schilddrüsen-, Nieren- oder neurologischen Erkrankungen sowie zu Diäten, die zu einem Mangel bestimmter Vitamine führen können.
Bei der Untersuchung beurteile ich zunächst den Zustand der Lider und Wimpern. Manchmal liegt die Ursache in etwas sehr Einfachem. Kürzlich stellte ich bei einer Patientin mit langanhaltendem Unterlidzucken fest, dass eine Wimper Richtung Augapfel wuchs. Das ständige Reiben verursachte Reizung und damit das Zucken, das nach Entfernung der Wimper rasch verschwand. Wenn Anzeichen des trockenen Auges sichtbar sind, überprüfe ich das Funktionieren der Meibom-Drüsen und empfehle geeignete Therapien wie OptiLight oder LipiFlow zur Unterstützung der Drüsenfunktion und zur Verbesserung des Tränenfilms. In solchen Fällen weise ich auch auf die Bedeutung einer guten Lidrandhygiene und regelmäßigen Lidmassagen hin.
Oft ist die augenärztliche Untersuchung jedoch völlig unauffällig. Dann kann man davon ausgehen, dass die wahrscheinlichste Ursache der Myokymie eine Kombination aus Schlafmangel, Stress und übermäßigem Konsum von Koffein, Alkohol oder Nikotin ist. Schon eine Verbesserung der Schlafgewohnheiten, weniger Kaffee und ein etwas ruhigeres Tempo bringen häufig Erleichterung. Manchmal empfehle ich auch die zusätzliche Einnahme von B-Vitaminen.
Nur selten zeigen sich bei der Untersuchung Hinweise, die eine weiterführende Diagnostik erfordern. Wenn sich das Zucken auf andere Bereiche des Gesichts ausweitet, über Wochen anhält oder von weiteren neurologischen Symptomen begleitet wird, veranlassen wir bildgebende Untersuchungen sowie Laboranalysen, um Elektrolytwerte sowie die Funktion von Schilddrüse und Nieren und die Konzentration bestimmter Vitamine zu prüfen. Sind alle Befunde unauffällig, die Beschwerden bestehen aber fort, können kleine Dosen Botulinumtoxin helfen, das die überaktive Muskelpartie vorübergehend entspannt.
Bei den meisten Betroffenen klingt die Myokymie von selbst ab oft schon nach einigen ruhigeren Nächten, weniger Stress oder dem Vermeiden auslösender Faktoren. Wenn das Lidzucken dennoch anhält oder die Lebensqualität beeinträchtigt, ist eine augenärztliche Untersuchung sinnvoll. So können seltene Ursachen ausgeschlossen und die Beschwerden schneller gelindert werden.
