Haben Sie beim Lesen schon einmal bemerkt, dass die Buchstaben nicht ganz gerade erscheinen oder dass Gesichter verzerrt wirken, als würden Sie sie durch gewelltes Glas sehen?
Das ist eine Frage, die ich meinen Patient:innen oft stelle, wenn ich einen Netzhautbefund vermute. Ich erinnere mich an einen Herrn, der in die Ordination kam, weil er dachte, er brauche eine neue Brille. Beim Lesen „störte ihn schon länger etwas“, aber da er noch gut genug sah, unternahm er nichts. Bei der Untersuchung stellte ich fest, dass eine epimakuläre Membran vorlag eine Netzhauterkrankung, bei der eine dünne Gewebeschicht die Netzhautoberfläche überzieht und das Bild verzerren kann.
Was ist eine epimakuläre Membran?
Die Netzhaut ist jener Teil des Auges, mit dem wir Licht wahrnehmen. Sie wandelt Lichtimpulse in elektrische Signale um, die über den Sehnerv ins Sehzentrum des Gehirns weitergeleitet werden. Wenn sich eine epimakuläre Membran bildet, kann sie die Form der Netzhaut verändern und das Sehvermögen beeinträchtigen. Man kann sich diese Membran wie eine Schutzfolie auf einem Handybildschirm vorstellen solange sie glatt ist, sieht man das Bild klar. Sobald sie sich aber kräuselt, wird das Bild verzerrt. Ähnliches geschieht im Auge: Durch das Kräuseln der Netzhaut kann das Bild wellig, verschwommen oder verzerrt wahrgenommen werden.
Wie wird eine epimakuläre Membran entdeckt?
Oft wird sie zufällig entdeckt und verursacht bei vielen keine spürbaren Beschwerden. Sehprobleme entstehen, wenn sich die Netzhaut durch die Membran zu kräuseln beginnt. Das führt zu Schwierigkeiten beim Lesen, verzerrtem Sehen und erschwertem Erkennen von Gesichtern, die verändert erscheinen. Bei solchen Symptomen ist ein Gespräch über mögliche Behandlung sinnvoll. Wie wird die Diagnose gestellt? Die wichtigste Untersuchung zur Erkennung einer epimakulären Membran ist die OCT (optische Kohärenztomografie). Damit lassen sich die Netzhautschichten sehr genau darstellen und verschiedene Erkrankungen unterscheiden. Häufig verwechseln Patient:innen die epimakuläre Membran mit anderen Netzhautveränderungen, vor allem mit der altersbedingten Makuladegeneration. Doch es handelt sich um zwei verschiedene Krankheiten: Während die Makuladegeneration mit Injektionen behandelt wird, sind diese bei der epimakulären Membran wirkungslos. Auch Brillen oder Augentropfen helfen hier nicht, da die Ursache nicht im optischen System, sondern auf der Netzhaut selbst liegt.
Wie behandeln wir eine epimakuläre Membran?
Die einzige Behandlungsmöglichkeit ist ein chirurgischer Eingriff, die sogenannte Vitrektomie. Bei dieser Operation entfernen wir den Glaskörper und zusammen mit ihm auch die epimakuläre Membran. Dies ermöglicht es, dass sich die Netzhaut wieder glättet. Die Operation ist nicht immer notwendig. Ob man sich dafür entscheidet, hängt davon ab, wie stark die Veränderung den Alltag des Patienten beeinträchtigt. Bei milden Symptomen reicht oft eine jährliche Kontrolle. Die Entscheidung zur Operation wird meist vom subjektiven Empfinden des Patienten geleitet, dass sich das Sehen verschlechtert hat. Dabei ist weniger die Sehschärfe entscheidend, sondern eher die Veränderungen in der Bildverzerrung. Wenn ich mit Patientinnen und Patienten über eine mögliche Operation spreche, versuche ich vor allem die Frage zu beantworten, ob die Sehbeeinträchtigung so ausgeprägt ist, dass sie die Lebensqualität beeinflusst.
Wann sollte man an eine epimakuläre Membran denken?
Die epimakuläre Membran tritt häufiger bei älteren Menschen auf, ihre Entstehung kann aber auch mit früheren Augenentzündungen, einer Glaskörperabhebung oder einer Kataraktoperation zusammenhängen. Wenn Sie bemerken, dass gerade Linien wellig erscheinen oder das Gefühl eines „verzogenen“ Sehens auftritt, ist es ratsam, eine augenärztliche Untersuchung durchführen zu lassen. Eine frühzeitige Erkennung dieser Veränderung ermöglicht eine bessere Überwachung und eine rechtzeitige Entscheidung für eine eventuelle Behandlung.