Nazaj

Wenn das Sehzentrum verschwindet: Makulaforamen

Igor Šivec Trampuž, dr. med.

Igor Šivec Trampuž, dr. med.
Fachärzt für Augenheilkunde

4074-5 min20. 08. 2025

AlterssichtigkeitSehschärfe

Eine Dame Anfang sechzig betrat die Ordination und klagte mir, dass sie beim Lesen eine ungewöhnliche Erscheinung bemerkt. „Die Wörter, auf die ich schaue, sind verschwommen oder wie ausgelöscht“, beschrieb sie. „Rundherum sehe ich klar, nur im Zentrum des Gesichtsfeldes scheint etwas zu fehlen.“

Das klingt nach einem ungewöhnlichen Problem, doch es gibt nicht wenige Patient:innen, die berichten, dass sie plötzlich Schwierigkeiten beim Lesen oder beim Erkennen von Gesichtern haben. Nach der Untersuchung und einer Aufnahme des Augenhintergrunds war die Diagnose eindeutig: Bei der Dame war ein Makulaforamen entstanden – eine winzige Öffnung in der Netzhaut, die das Sehen erheblich beeinträchtigen kann.

Was ist ein Makulaforamen?

Die Makula, auch „gelber Fleck“ genannt, ist ein kleiner Bereich im Zentrum der Netzhaut am Augenhintergrund. Sie ist der Bereich, der das schärfste Sehen ermöglicht, das wir zum Lesen, Autofahren und Erkennen von Gesichtern benötigen. Mit der Makula nehmen wir jenen Teil des Gesichtsfelds wahr, auf den wir unseren Blick richten. Ein Makulaforamen entsteht, wenn die Netzhaut in diesem Bereich aufreißt. Die Folge: Der zentrale Teil des Gesichtsfeldes verliert an Schärfe oder das Bild verschwindet im Zentrum sogar vollständig.

Warum entsteht ein Makulaforamen?

Die Hauptursache für die Entstehung eines Makulaforamens in der Netzhaut sind altersbedingte Veränderungen des Auges. Der Glaskörper (das durchsichtige Gel, das den Innenraum des Augapfels ausfüllt) schrumpft mit den Jahren etwas und kann sich auch von der Netzhaut ablösen. Diesen natürlichen Prozess nennt man hintere Glaskörperabhebung, und er verursacht meist keine Probleme. Manchmal ist der Glaskörper jedoch noch an der Makula fixiert, und beim Schrumpfen zieht er an diesem empfindlichen Netzhautbereich. In diesem Fall kann in der Makula ein Loch entstehen.

In den allermeisten Fällen entwickelt sich diese Erkrankung also spontan aufgrund von altersbedingten Veränderungen, ohne äußere Ursachen. Seltener entstehen Makulaforamina durch eine Augenverletzung oder in Zusammenhang mit anderen Netzhauterkrankungen.

Typischerweise tritt ein Makulaforamen bei Menschen über 60 auf, etwas häufiger bei Frauen. Meist ist nur ein Auge betroffen, nur in rund 10 % der Fälle entwickelt sich später auch am anderen Auge ein Foramen.

Anzeichen und Symptome

Anfangs kann ein Makulaforamen unauffällig bleiben, da es gewöhnlich nur ein Auge betrifft. Das andere Auge gleicht den Ausfall des Gesichtsfeldes aus. Wenn das betroffene Auge jedoch zum Lesen oder für feine Details verwendet wird, fällt die Veränderung eher auf. Das Bild im Zentrum des Gesichtsfeldes wirkt verschwommen oder verzerrt. Beim Lesen können Wörter in der Mitte der Seite verschwinden oder wie verwischt wirken. Gerade Linien erscheinen mit dem betroffenen Auge wellig oder gebrochen. Manche Patient:innen beschreiben es bildhaft so, als würde ein „fettiger Fleck“ mitten im Blickfeld das verdecken, was sie lesen möchten.

Diagnose

Ein Makulaforamen wird zuverlässig mit einer Untersuchung namens OCT (Optische Kohärenztomographie) bestätigt. Diese liefert einen präzisen Einblick in den Zustand der Netzhaut. Die Untersuchung kann nicht nur ein Makulaforamen nachweisen, sondern auch andere Veränderungen der Makula. Die OCT ist schnell durchgeführt, und das Ergebnis liegt sofort vor.

Behandlung

Ein Makulaforamen heilt fast nie von selbst. Die einzige wirksame Behandlung ist eine Operation, die Vitrektomie. Dabei wird der Glaskörper aus dem Auge entfernt, um den Zug an der Netzhaut zu beseitigen. Außerdem wird die dünne innere Membran auf der Oberfläche der Netzhaut entfernt, um zusätzliche Spannungen zu lösen. In den Augapfel wird eine Gasblase eingebracht, die den Innenraum vorübergehend ausfüllt und von innen gegen die Ränder des Lochs drückt, sodass dieses verheilen kann.

In manchen Fällen (bei sehr kleinen Löchern im Frühstadium) kann die Ärztin/der Arzt auch versuchen, das Loch mit einer Injektion eines speziellen Medikaments in das Auge zu schließen, das den Zug des Glaskörpers löst. Dieser nicht-chirurgische Ansatz wird jedoch seltener angewendet und ist nur für ausgewählte Fälle geeignet.

Heilung und zu erwartende Ergebnisse

Operationen bei Makulaforaminen sind sehr erfolgreich. Bei den meisten Patient:innen schließt sich das Loch, und das Sehen beginnt sich innerhalb weniger Wochen allmählich zu verbessern. Die Sehschärfe erreicht häufig nicht mehr das ursprüngliche Niveau, doch das zentrale Sehen kann sich deutlich verbessern und ein normales Alltagsleben ermöglichen.

Nach der Operation muss der/die Patient:in einige Tage den Kopf nach unten halten (auch beim Ruhen und Schlafen), damit die Gasblase im Auge gegen die Makula drückt und die richtige Heilung ermöglicht. Diese Position ist zwar unangenehm, aber entscheidend für den Erfolg der Behandlung.

Das Wichtigste ist, ein Makulaforamen möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Bleibt es über längere Zeit unbehandelt oder ist das Loch groß, sind die Sehstörungen oft dauerhafter und das Endergebnis schlechter. Bei der erwähnten Dame wurde das Makulaforamen früh entdeckt. Sie entschied sich für eine Operation, und bereits nach einigen Wochen hatte sich ihr Sehvermögen gebessert. Das Bild im betroffenen Auge ist zwar nicht völlig scharf, aber gut genug für das tägliche Lesen und Arbeiten.

Wann sollte man an ein Makulaforamen denken?

Wenn Sie bemerken, dass im Zentrum Ihres Gesichtsfeldes plötzlich ein verschwommener oder verzerrter Bereich auftritt, dass Sie trotz passender Brille Schwierigkeiten beim Lesen haben oder gerade Linien (z. B. Fliesen, Rahmen, Text) wellig oder gebrochen erscheinen, suchen Sie umgehend eine Augenärztin/einen Augenarzt auf. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um das Sehvermögen möglichst gut zu erhalten.