Nazaj

Wenn sich hinter einem roten Auge das Herpesvirus verbirgt

mag. Kristina Mikek, dr. med.

mag. Kristina Mikek, dr. med.
Fachärztin für Augenheilkunde

4953 min19. 11. 2025

EntzündungenAugengesundheit

Vor Kurzem kam eine Dame mit stark gerötetem, tränendem und schmerzhaftem Auge in meine Ordination. Sie war überzeugt, dass es sich um eine gewöhnliche Entzündung handelt, da sie so etwas schon einmal hatte und es damals eine bakterielle Infektion war. Das Auge brannte heftig, sie hatte das Gefühl, als hätte sie Sand unter dem Lid, und ihr Sehen war etwas verschwommen. Als ich ihr Auge jedoch unter dem Mikroskop untersuchte, bemerkte ich, dass es sich diesmal nicht um eine übliche Augenentzündung handelte. Das gesamte Auge war ungewöhnlich stark gerötet (typisch für Herpes), und auf der Oberfläche der Hornhaut zeigten sich kleine, verästelte Veränderungen - typische Läsionen bei einer Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1.

Die Dame war von der Diagnose völlig überrascht. „Herpes? Das bekommt man doch auf den Lippen, nicht im Auge!“, sagte sie, als ich ihr erklärte, was ich entdeckt hatte. Es stimmt, die meisten kennen Herpes als lästige Bläschen auf den Lippen. Nur wenige wissen, dass dasselbe Virus auch ins Auge gelangen kann. Ich habe ihr erklärt, dass Augenherpes immer nur ein Auge gleichzeitig befällt und niemals beide gleichzeitig. Charakteristisch ist zudem, dass die Infektion die Empfindlichkeit der betroffenen Hornhaut verringert. Wenn wir einen einfachen Sensibilitätstest durchführen, stellen wir fest, dass die Berührungsempfindung im betroffenen Auge deutlich reduziert ist. Auch dieses Zeichen hilft uns, die Diagnose zu bestätigen.

Herpes am Auge ist keineswegs eine harmlose Infektion. Er kann eine Hornhautentzündung verursachen, die für scharfes Sehen entscheidend ist. Wenn die Entzündung nicht rechtzeitig behandelt wird, können sich Narben auf der Hornhaut bilden. Diese Narben verschlechtern das Sehvermögen dauerhaft und können im schlimmsten Fall sogar zur Erblindung führen. Hat man einmal einen Herpes am Auge durchgemacht, bleibt das Virus lebenslang im Körper in einem ruhenden Zustand. Gelegentlich etwa bei geschwächtem Immunsystem, starkem Stress oder anderen Belastungen kann es wieder aktiv werden und einen erneuten Entzündungsschub auslösen. Daher ist es äußerst wichtig, dem Arzt mitzuteilen, wenn man in der Vergangenheit bereits einen Augenherpes hatte. Diese Information ist besonders vor jeglichen augenchirurgischen Eingriffen wichtig (z. B. vor einer Laserbehandlung zur Korrektur der Dioptrie oder einer Kataraktoperation). Der Stress, den eine Operation für den Körper bedeutet, kann das Virus nämlich reaktivieren. In solchen Fällen beginnen wir üblicherweise eine vorbeugende antivirale Therapie, um das Risiko eines Rückfalls zu verringern.

Mit der Patientin haben wir sofort eine antivirale Behandlung begonnen, die zum Glück rasch Wirkung zeigte. Bereits nach wenigen Tagen besserte sich der Zustand ihres Auges. Die Rötung und der Schmerz ließen nach, und das Sehen wurde klarer. Heute kommt sie zu Kontrolluntersuchungen mit gesundem Auge und erzählt mir oft, wie dankbar sie ist, rechtzeitig Hilfe gesucht zu haben. Sie hätte nie gedacht, dass ein Virus, das Lippenherpes verursacht, auch das Auge befallen und so schwere Probleme auslösen kann.

Abschließend möchte ich betonen, dass ein rotes und schmerzendes Auge nicht immer nur eine harmlose Entzündung bedeutet. Wenn Ihr Auge stark schmerzt oder brennt, Sie ein ausgeprägtes Fremdkörpergefühl haben oder sich Ihr Sehen plötzlich verschlechtert, sollten Sie so schnell wie möglich eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen. Die richtige Diagnose ist entscheidend. Medikamente, die bakterielle Entzündungen behandeln (wie antibiotische Tropfen), helfen bei Herpes nicht sie können den Zustand sogar verschlechtern. Augenherpes ist zudem häufiger, als man vielleicht denkt. Man verwechselt ihn leicht mit etwas Ungefährlichem, doch durch eine genaue Untersuchung und rechtzeitige Behandlung lässt er sich gut kontrollieren und das klare, gesunde Sehen bleibt erhalten.